EU-Kommission verstärkt Druck für Mercosur-Abkommen gegen französischen Widerstand
Die Europäische Kommission hat ihren Druck auf Frankreich verstärkt und erklärt, das umstrittene Mercosur-Handelsabkommen noch bis Jahresende unterzeichnen zu wollen. Nach 25 Jahren zäher Verhandlungen zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay steht das Abkommen kurz vor dem Abschluss.
Frankreich führt Opposition gegen Handelsabkommen an
Präsident Emmanuel Macron sieht sich jedoch mit dem wachsenden Unmut französischer Landwirte konfrontiert und blockiert weiterhin das Abkommen. Die französische Regierung unter Premierminister Sébastien Lecornu fordert eine Verschiebung der Abstimmung und argumentiert, dass die Bedingungen für eine Zustimmung des EU-Rates derzeit nicht gegeben seien.
"Nach Ansicht der Kommission ist die Unterzeichnung des Abkommens von entscheidender wirtschaftlicher, diplomatischer und geopolitischer Bedeutung, aber auch im Hinblick auf unsere Glaubwürdigkeit auf der Weltbühne", erklärte der stellvertretende Kommissionssprecher Olof Gill.
Sorgen um unfairen Wettbewerb für europäische Landwirte
Die französischen Landwirte befürchten unfairen Wettbewerb durch lateinamerikanische Importe, die unter niedrigeren Umwelt- und Sozialstandards produziert werden. Frankreich fordert daher strenge Schutzmaßnahmen, sogenannte Gegenseitigkeitsklauseln, die Mercosur-Länder zur Einhaltung europäischer Standards verpflichten würden.
Zusätzlich verlangt Paris schärfere gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Kontrollen sowie Mechanismen zur Aussetzung von Zollsenkungen bei Marktstörungen.
Deutschland unterstützt Abkommen trotz Bedenken
Während Deutschland das Abkommen grundsätzlich unterstützt, da es darin offensive wirtschaftliche Interessen sieht, teilen auch deutsche Landwirte die Sorgen bezüglich der Gegenseitigkeit. Ein Parlamentsbeamter erklärte gegenüber Euronews: "Die Gegenseitigkeit ist auch für die deutschen Landwirte ein Thema. Aber da Deutschland das Abkommen unterstützt, wird Berlin nicht das Risiko eingehen, das Abkommen wegen der Frage der Gegenseitigkeit zum Scheitern zu bringen."
Geopolitische Bedeutung wächst
Befürworter des Abkommens, allen voran Deutschland und Spanien, betonen die geopolitische Notwendigkeit. Während die EU auf dem US-Markt an Einfluss verliert, baut China seine Präsenz in Lateinamerika kontinuierlich aus. Das Mercosur-Abkommen könnte Europa helfen, in diesem strategisch wichtigen Raum wettbewerbsfähig zu bleiben.
Eine qualifizierte Mehrheit im EU-Rat bleibt jedoch ungewiss. Polen und Ungarn haben sich der französischen Opposition angeschlossen, während Belgien und Österreich sich enthalten wollen. Die Position der Niederlande, Irlands und Italiens bleibt unklar.
Innenpolitischer Druck auf Macron wächst
Präsident Macron, der bereits mit innenpolitischer Instabilität kämpft, sieht sich zusätzlich dem Unmut der Landwirte über den Umgang seiner Regierung mit der Lumpy-Skin-Krankheit ausgesetzt, einem hochansteckenden Virus, der Rinder befällt.
"Frankreich wird seine landwirtschaftlichen Interessen weiterhin entschlossen verteidigen", bekräftigte das Büro von Premierminister Lecornu am Sonntag die ablehnende Haltung.
Die EU-Abgeordneten werden am Dienstag über eine von der Kommission vorgeschlagene Schutzklausel abstimmen, wobei Änderungsanträge zur Gegenseitigkeit erwartet werden. Die Entscheidung könnte richtungsweisend für die Zukunft des europäisch-südamerikanischen Handels werden.