EU-Kommission drängt auf Mercosur-Abkommen trotz französischem Widerstand
Die Europäische Kommission verstärkt den Druck auf Frankreich und andere kritische Mitgliedstaaten, um das umstrittene Mercosur-Handelsabkommen noch vor Jahresende zu unterzeichnen. Nach 25 Jahren Verhandlungen steht das Abkommen kurz vor dem Abschluss, doch der Widerstand wächst.
Kommission setzt auf Glaubwürdigkeit der EU
Der stellvertretende Kommissionssprecher Olof Gill betonte am Montag die strategische Bedeutung des Abkommens: "Nach Ansicht der Kommission ist die Unterzeichnung des Abkommens von entscheidender wirtschaftlicher, diplomatischer und geopolitischer Bedeutung, aber auch im Hinblick auf unsere Glaubwürdigkeit auf der Weltbühne."
Das Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay soll den Handel liberalisieren und neue Märkte erschließen. Befürworter wie Deutschland und Spanien sehen darin eine Chance, verlorenen Boden gegenüber China in Lateinamerika zurückzugewinnen.
Französischer Widerstand wächst
Präsident Emmanuel Macron steht unter enormem Druck der französischen Landwirtschaft. Das Büro von Premierminister Sébastien Lecornu erklärte am Sonntag unmissverständlich: "Die Bedingungen für eine Abstimmung des EU-Rates über die Genehmigung der Unterzeichnung des Abkommens sind nicht gegeben."
Die französischen Landwirte befürchten unlauteren Wettbewerb durch lateinamerikanische Importe, die nicht den strengen EU-Umwelt- und Sozialstandards unterliegen. Frankreich fordert daher:
- Strenge Schutzmaßnahmen bei Marktstörungen
- Gegenseitigkeitsklauseln für Umwelt- und Agrarstandards
- Verschärfte gesundheitspolizeiliche Kontrollen
Ungewisse Mehrheitsverhältnisse
Eine qualifizierte Mehrheit im EU-Rat bleibt fraglich. Polen und Ungarn haben sich dem französischen Widerstand angeschlossen, während Belgien und Österreich sich enthalten wollen. Die Position der Niederlande, Irlands und Italiens ist noch unklar.
Das Europäische Parlament wird am Dienstag über eine von der Kommission vorgeschlagene Schutzklausel abstimmen. Ein Parlamentsbeamter erklärte gegenüber Euronews: "Deutschland unterstützt das Abkommen, weil es darin ein starkes offensives Interesse sieht. Berlin wird nicht das Risiko eingehen, das Abkommen wegen der Gegenseitigkeitsfrage zum Scheitern zu bringen."
Innenpolitischer Druck auf Macron
Macron sieht sich nicht nur dem Mercosur-Widerstand gegenüber, sondern auch dem Unmut der Landwirte über den Umgang seiner Regierung mit der Lumpy-Skin-Krankheit, einem hochansteckenden Rindervirus. Das Büro des Premierministers bekräftigte: "Frankreich wird seine landwirtschaftlichen Interessen weiterhin entschlossen verteidigen."
Der für den 20. Dezember geplante Mercosur-Gipfel wird zeigen, ob die Kommission ihren Zeitplan einhalten kann oder dem Druck der kritischen Mitgliedstaaten nachgeben muss.