AfD-Nähe schadet Unternehmen: Fachkräfte meiden rechte Regionen
Die Annäherung von Wirtschaftsverbänden an die AfD löst heftige Kontroversen aus. Namhafte Unternehmen wie Rossmann, Vorwerk und Fritz-Kola treten demonstrativ aus dem Verband der Familienunternehmer aus, nachdem dieser seine "Brandmauer" zur rechtsextremen Partei aufgehoben hat.
Wissenschaftliche Belege für Abschreckungseffekt
Mehrere wissenschaftliche Studien belegen eindeutig: Regionen mit starker rechtspopulistischer Präsenz schrecken sowohl deutsche als auch ausländische Fachkräfte ab. Das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) fasst die Erkenntnisse prägnant zusammen: "Städte und Regionen, in denen rechtspopulistische Parteien breite Unterstützung erfahren, haben einen erheblichen Nachteil bei der Anwerbung von Fachkräften."
ZEW-Forscher Tommy Krieger identifizierte Sicherheitsbedenken und den Wunsch nach einem toleranten Umfeld als Hauptgründe für die Meidung solcher Regionen. Seine Untersuchung der Pegida-Demonstrationen in Dresden zeigte drastische Folgen: Zehn Prozent weniger junge Deutsche zogen nach Dresden, hauptsächlich Studierende. Auch die Zahl ausländischer Studierender sank signifikant.
Teufelskreis der Abwanderung
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bestätigt diese Erkenntnisse. Studienautorin Carola Burkert warnt vor einem gefährlichen Teufelskreis: "Bleibt der Zuzug qualifizierter Menschen aus, können sich fremdenfeindliche Ideen weiter verfestigen und zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen."
Besonders alarmierend: Fast jede zehnte Person mit Migrationshintergrund überlegt laut dem Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung ernsthaft, Deutschland wegen der AfD-Erfolge zu verlassen. Bei Menschen aus dem Nahen Osten und Nordafrika denkt sogar fast ein Fünftel über einen Wegzug nach.
Wirtschaftliche Realität ignoriert
Diese Entwicklung ist besonders paradox, da gerade in Ostdeutschland, der AfD-Hochburg, der Fachkräftemangel am stärksten ausgeprägt ist. In sogenannten Engpassberufen sind Mitarbeiter mit Einwanderungsgeschichte überproportional vertreten, wie Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen.
Prominente Wirtschaftsvertreter schlagen Alarm: Mercedes-Chef Ola Källenius stellte klar, ohne Menschen mit Migrationshintergrund würde "kein einziges Auto vom Band laufen". Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding mahnt AfD-Wähler: "Sie sollten sich fragen, wer sie eigentlich im Alter pflegen soll."
Unternehmen gefordert
IAB-Forscherin Tanja Buch appelliert an die Wirtschaft: "Unternehmen und Wirtschaftsverbände sollten aus Eigeninteresse klarmachen, wo sie politisch stehen: für Weltoffenheit, gegen Abschottung." Eine IW-Umfrage unter Hauptgeschäftsführern bestätigt: Fast jeder zweite Befragte sieht durch das AfD-Erstarken Schwierigkeiten bei der Gewinnung ausländischer Fachkräfte in AfD-Hochburgen.
Die wirtschaftlichen Fakten sind eindeutig: Deutschland ist auf Zuwanderung angewiesen. Selbst die AfD erkennt dies teilweise an und begrüßt "die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte". Doch ihre rechtsextreme Rhetorik und Politik bewirken genau das Gegenteil dessen, was die deutsche Wirtschaft dringend benötigt.
Der Familienunternehmerverband schreibt selbst auf seiner Website, die AfD sei "nicht nur für Ostdeutschland ein Wirtschaftsrisiko". Unternehmen täten gut daran, diese Warnung ernst zu nehmen, bevor sie sich durch AfD-Nähe selbst schädigen.